Über mich.
Weltverliebt. Demokratiebesessen. Neugierig.
Seit 30 Jahren publizistisch tätig.
Autorin und Co-Autorin zahlreicher Bücher.
Lange Jahre in Unternehmenskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit.
Stolze Mutter eines Sohnes.
Glücklich verheiratet.
Europäerin.
(K)ein Blog.
Nur Gedanken.
„Why aren’t you wearing a suit?“
Zu Dress-Codes, State-Coups und schlechten Manieren.
03.03.2025
Schon Foto und Headline in der News-App bescherten mir am vergangenen Freitag eine schlaflose Nacht:
Drei hasserfüllt dreinblickende, leicht übergewichtige Schlipsträger und dazwischen der verloren wirkende schmale Hausmeister im schwarzen Pullover, mit defensiv verschränkten Armen.
Alles an diesem Bild aus dem Oval Office roch nach Setup, einer kameratauglichen Inszenierung des neuen US-Regimes zur öffentlichen Demütigung seines Staatsgastes Zelensky. Um die politischen Schockwellen vorauszuahnen, musste man den Text unter dem Foto nicht einmal mehr lesen.
Schon J.D. Vances‘ Münchner Rede hatte ich als „historisch“ in meinem iCal markiert.
Spätestens nach dem Prime-Time-Schmierentheater im Oval Office vom 28. Februar und der schambefreiten Abstimmung der USA im UN-Sicherheitsrat bestand kein Zweifel:
Europa! Wer solche ‚Verbündete’ hat, muss seine Feinde nicht fürchten.
Einmal mehr gefallen sich also ein paar Alpha-Egos in schlecht sitzenden Anzügen als Mensch gewordene Abrissbirnen der Aufklärung. Aha.
What could you expect from these people? fragte mich ein englischer Freund am kommenden Tag in einer E-Mail. Ja, was eigentlich? Wieso vermag eine weitere Volte in der nach oben offenen Eskalationsspirale eigentlich noch so zu verstören?
Jenseits aller geopolitischen Großrisiken befördert jede einzelne neue ‚Grenzüberschreitung’ seitens Trump und seiner Vasallen (sei es als Herabwürdigung oder Lüge, als Ungezogenheit oder Mobbing, als Erpressung oder Opferumkehr) den Zerfall zivilen Miteinanders. Redlichkeit, Anstand, Respekt, Nachdenklichkeit, Großmut, Empathie oder Rücksichtnahme werden täglich aufs Neue der Lächerlichkeit preisgegeben. Man verhöhnt quasi zur besten Sendezeit jene ‚Basics’, die wir doch eigentlich alle versuchen, unseren Kindern beizubringen.
Der mediale Aufschrei danach, die Empörung, das Fremdschämen scheinen (noch) enorm. Man sucht den Schulterschluss diesseits des Atlantiks, versichert sich der gegenseitigen Solidarität. Nur sitzen wir da einem bubble-bias auf, einer sich selbst bestärkenden Annahme, dass die moralische Stärke „des Westens“ (?) und folglich in uns allen schon nicht einknicken werde.
In Summe haben Bilder von ruchlosen US-amerikanischen Hyperkapitalisten, die kollektiv einen insolventen Hausmeister niederbrüllen, eine höchst zersetzende Wirkung. Sie haben das Zeug, jede positive Zukunftserzählung zu unterlaufen. Sie führen, bildlich gesprochen, irgendwann zu milliardenfachem trotzigem Achselzucken. In letzter Konsequenz wird das unzählige Menschenleben kosten, auf die ein oder andere Weise.
Sollte es in gut 80 Jahren noch eine Menschheit geben und darin noch eine Handvoll Historiker, die nicht bloß KI-generierte Geschichte(n) wiederkäuen, wie werden sie wohl auf die zweite Hälfte dieser 20er Jahre blicken?
Sie könnten sie womöglich als Epoche einer sich neu formierenden regelbasierten Allianz feiern (eher unwahrscheinlich).
Oder sie beschreiben sie als erneutes Schlafwandeln in einen dritten Weltenbrand, der - einmal mehr - bewies, dass global konkurrierende machtbasierte Ordnungssysteme letztlich immer die Existenz aller bedrohen (eher wahrscheinlich).
Am Ende eines pessimistischen Textes zumindest ein halbwegs optimistischer Vorschlag: Wie wäre es statt mit MAGA oder Z mal mit
FUFF - Flora und Fauna First ! ?
Homo Sapiens kann es nicht.
Da hilft ihm auch kein Anzug.
Cool guys don’t look at explosions.
They blow things up and
then walk away.*
Zu eigenen Illusionen und fremden Heldenbegriffen
03.03.2022
Was habe ich damals gelacht! Wie da mein Sohn und sein Kumpel einen Song der Band TheLonelyIsland in unserem Wohnzimmer nachspielten, mit einer für Zwölfjährige geradezu unglaublichen Ironie-Fähigkeit, - das war besonders!
Im zugehörigen Musikvideo sieht man allerlei männliche Kinohelden, die ungerührt einem Feuerball den Rücken kehren, den sie offensichtlich selbst gezündet haben, um dann in slow motion ihrer Wege zu gehen.
Wir schrieben das Jahr 2009. Die Jungs wussten instinktiv, dass solche Streifen ein absurdes Männerbild zeigten, mit dem sie beide sich nie identifizieren würden. Dass es albern war (und gewaltverherrlichend), so etwas überhaupt zu drehen. Dass der Song letztlich nur die Persiflage der Persiflage sein konnte.
Und ich? Freute mich. Mit dem leutseligen Blick einer West-Mutter, die den Krieg eingehegt sah durch Kapitalismus und das Patriarchat durch Penetranz.
Mal ehrlich, was fühlt sich besser an, als wenn die eigenen Werte Wurzeln schlagen?
The more you ignore it, the cooler you look.*
2022 sind Hollywood-Apokalypsen nach wie vor Kassenmagneten, auch wenn sie sich selbstironischer zeigen. In vielen Teilen der Welt, auch der westlichen, gilt als Held noch, wer Tabula Rasa zu machen versteht. Der Typ entschlossener Zerstörer für die gerechte Sache bietet Identifikations- und Umsatzpotential. Auch, oder vielleicht gerade weil Parallelstories gern dessen soft spot zeigen. Besonders in Russland sind solche Produktionen, solche Personen und solche Politik überaus erfolgreich.
Der Typ markig heroischer Anführer, den Putin so gern verkörpern möchte, ist dort nicht zuletzt aufgrund der verlustreichen Geschichte des Landes höchst lebendig: Kriegstraumata sterben nicht mit den Personen, die sie erlebt haben. Sie überdauern Generationen, weil sie sich erwiesenermaßen in unseren Genen festsetzen.
Putin hat die kollektive Erinnerung klug reaktiviert. Er rechtfertigt seinen Krieg durch Feindumkehr und propagandistische Geschichtsklitterung. Seine ‚Führungsqualitäten‘ gründen auf massiver Repression und einer hoch peinlichen Macho-Inszenierung: Ich-reite-auch-nackt-auf-Tigern!
Sein entgrenzter Kampf gegen die Ukraine ist auch einer gegen all die 'verweichlichten' Männer des Westens, die ihm jahrzehntelang den Zutritt in ihren Club verwehrten.
Junge, unerfahrene Männer im heutigen Alter meines Sohnes kämpfen nun seinen Kampf. In ihrem jungen Leben hatten sie weder die Zeit noch eine ernsthafte Chance zu hinterfragen, wer oder was sie individuell oder gesellschaftlich geprägt hat. Die tatsächlichen Motive ihres obersten Befehlsgebers können sie nicht kennen, geschweige denn ironisieren.
Sie marschieren einerseits als Klone des toxischen männlichen Helden, der wie ein Hollywood-Untoter immer wieder aufersteht. Andererseits als Wiedergänger einer nationalen Erschütterung, die in den schlimmsten Massenverheerungen der Neuzeit wurzelt.
Sollten sie ihren Einsatz überleben, so werden sie den Horror des Bruderkriegs für immer in sich tragen und weitergeben. All den Feuerbällen, dem Leid und der Zerstörung, die sie in der Ukraine auslösen, werden sie eben nicht ungerührt den Rücken zukehren können.
Alte Traumata bekommen weltweit neues Futter. Die Gewaltspirale dreht künftig wieder schneller. Klimabedingte Fluchtmigration und Verteilungskämpfe werden ihr zusätzlichen Schub verleihen.
Das post-heroische, post-machistische Zeitalter, dem ich/wir uns hierzulande nahe wähnten, es war wohl nur eine Schimäre aus 81 Friedensjahren. So wie die deutsche Sehnsucht, die eigenen Verwüstungen heilen zu können.
Hierzulande waren unsere HeldInnen bis vor Kurzem Fluthelfer, Wissenschaftler, Altenpfleger, Ärzte ohne Grenzen, Soldaten in Friedenscorps.
Auch in Zeiten der Ohnmacht bedarf es unser aller Besonnenheit, dass wir das auch in Zukunft noch so sehen.
*credit:
The Lonely Island: „Cool Guys don’t look at explosions.“
For MTV movie awards, 2009
Cool guys don’t look at explosions.
They blow things up and
then walk away.*
Zu eigenen Illusionen und fremden Heldenbegriffen
03.03.2022
Was habe ich damals gelacht! Wie da mein Sohn und sein Kumpel einen Song der Band TheLonelyIsland in unserem Wohnzimmer nachspielten, mit einer für Zwölfjährige geradezu unglaublichen Ironie-Fähigkeit, - das war besonders!
Im zugehörigen Musikvideo sieht man allerlei männliche Kinohelden, die ungerührt einem Feuerball den Rücken kehren, den sie offensichtlich selbst gezündet haben, um dann in slow motion ihrer Wege zu gehen.
Wir schrieben das Jahr 2009. Die Jungs wussten instinktiv, dass solche Streifen ein absurdes Männerbild zeigten, mit dem sie beide sich nie identifizieren würden. Dass es albern war (und gewaltverherrlichend), so etwas überhaupt zu drehen. Dass der Song letztlich nur die Persiflage der Persiflage sein konnte.
Und ich? Freute mich. Mit dem leutseligen Blick einer West-Mutter, die den Krieg eingehegt sah durch Kapitalismus und das Patriarchat durch Penetranz.
Mal ehrlich, was fühlt sich besser an, als wenn die eigenen Werte Wurzeln schlagen?
The more you ignore it, the cooler you look.*
2022 sind Hollywood-Apokalypsen nach wie vor Kassenmagneten, auch wenn sie sich selbstironischer zeigen. In vielen Teilen der Welt, auch der westlichen, gilt als Held noch, wer Tabula Rasa zu machen versteht. Der Typ entschlossener Zerstörer für die gerechte Sache bietet Identifikations- und Umsatzpotential. Auch, oder vielleicht gerade weil Parallelstories gern dessen soft spot zeigen. Besonders in Russland sind solche Produktionen, solche Personen und solche Politik überaus erfolgreich.
Der Typ markig heroischer Anführer, den Putin so gern verkörpern möchte, ist dort nicht zuletzt aufgrund der verlustreichen Geschichte des Landes höchst lebendig: Kriegstraumata sterben nicht mit den Personen, die sie erlebt haben. Sie überdauern Generationen, weil sie sich erwiesenermaßen in unseren Genen festsetzen.
Putin hat die kollektive Erinnerung klug reaktiviert. Er rechtfertigt seinen Krieg durch Feindumkehr und propagandistische Geschichtsklitterung. Seine ‚Führungsqualitäten‘ gründen auf massiver Repression und einer hoch peinlichen Macho-Inszenierung: Ich-reite-auch-nackt-auf-Tigern!
Sein entgrenzter Kampf gegen die Ukraine ist auch einer gegen all die 'verweichlichten' Männer des Westens, die ihm jahrzehntelang den Zutritt in ihren Club verwehrten.
Junge, unerfahrene Männer im heutigen Alter meines Sohnes kämpfen nun seinen Kampf. In ihrem jungen Leben hatten sie weder die Zeit noch eine ernsthafte Chance zu hinterfragen, wer oder was sie individuell oder gesellschaftlich geprägt hat. Die tatsächlichen Motive ihres obersten Befehlsgebers können sie nicht kennen, geschweige denn ironisieren.
Sie marschieren einerseits als Klone des toxischen männlichen Helden, der wie ein Hollywood-Untoter immer wieder aufersteht. Andererseits als Wiedergänger einer nationalen Erschütterung, die in den schlimmsten Massenverheerungen der Neuzeit wurzelt.
Sollten sie ihren Einsatz überleben, so werden sie den Horror des Bruderkriegs für immer in sich tragen und weitergeben. All den Feuerbällen, dem Leid und der Zerstörung, die sie in der Ukraine auslösen, werden sie eben nicht ungerührt den Rücken zukehren können.
Alte Traumata bekommen weltweit neues Futter. Die Gewaltspirale dreht künftig wieder schneller. Klimabedingte Fluchtmigration und Verteilungskämpfe werden ihr zusätzlichen Schub verleihen.
Das post-heroische, post-machistische Zeitalter, dem ich/wir uns hierzulande nahe wähnten, es war wohl nur eine Schimäre aus 81 Friedensjahren. So wie die deutsche Sehnsucht, die eigenen Verwüstungen heilen zu können.
Hierzulande waren unsere HeldInnen bis vor Kurzem Fluthelfer, Wissenschaftler, Altenpfleger, Ärzte ohne Grenzen, Soldaten in Friedenscorps.
Auch in Zeiten der Ohnmacht bedarf es unser aller Besonnenheit, dass wir das auch in Zukunft noch so sehen.
*credit:
The Lonely Island: „Cool Guys don’t look at explosions.“
For MTV movie awards, 2009
Zoonosen, Zyklopen, Zeitenwenden.
25.02.2022
Kurz hintereinander eine Pandemie und einen Angriffskrieg in Europa zu erleben, -
das war offenbar in meinem Vorstellungskosmos nicht programmiert. Als hätte mein Hirn erst neue Festplatten-Partitionen dafür schaffen müssen. (Ja, liebe Shitstorm-Aficionados, auch ihr verfügt darüber nur begrenzt.)
In einer erneut schlaflosen Nacht dieser Gedanke: Der Zerstörer aus Moskau benimmt sich Programm-historisch wie Hitler, und Polit-epidemiologisch wie ein zoonotisches Virus.
Wir wussten lange, dass es ihn gibt. Aber wir glaubten ihn eingehegt in seinem Mikrokosmos, in der korrupten Nährlösung seiner eigenen Spezies.
Dass wir ihn nicht fürchten müssten, obwohl wir immer engeren Kontakt zu ihm wagten. Dass wir immun seien gegen seine Spikes und Spillovers.
Abwegig?
Sicher. Viren, Bakterien und Pilze sind nicht absichtsvoll „böse“. Das unterscheidet sie von Putin.
"Erreger" gleichen sich indes nicht umsonst im Wortsinn. Mit egomanischen Hasardeuren, irrlichternden Dogmatikern und Faschisten jeder Couleur verbindet sie so Einiges:
Kommt man ihnen zu nahe, gefährdet man sich und andere. Sie infizieren trickreich und unbemerkt. Später kontaminieren sie mit kruden Ideen, den gefährlichen Ausscheidungen ihrer Selbstüberhöhung und den Abfallprodukten ihrer erst schleichenden, dann explosionsartigen Hybris.
Das Erbgut ihres Denkens beginnt in uns einzusickern, es verändert unsere Zellen und die Art wie wir die Welt sehen.
Am Ende sterben oft nicht nur die Wirte Mensch und Menschlichkeit - sondern zumeist auch der Erreger selbst.
Auf die Selbstzerstörung des Aggressors zu hoffen kann nicht unsere einzige Verteidigung bleiben. Schützen wir uns mit dem unbändigen Widerstand des Verstandes und der globalen Kraft der Empathie.
Stellen wir uns ihm entgegen mit den immunisierenden Werten solidarischen Miteinanders.
Denn ja, auch hier taugen die Analogien:
Unsere 'Voreinstellungen' mögen hin und wieder Updates und Virenscans benötigen. Doch ohne Grundimmunisierung wie die UN-Charta sind wir alle gefährdet - nicht nur in Europa, sondern weltweit.
China hat sich heute Nacht leider in einer UN-Resolution gegen Russland enthalten. Ausgerechnet China.
Es bleibt noch ein langer Weg bis zur Herdenimmunität. Er führt auch über Den Haag.
#ukraine
#UN
#kriegsverbrechen
It Remains A Man's World
24.02.2022
Die Szenarien sind nicht nur erschreckend, sie sind so widerlich revanchistisch und so beklemmend apokalyptisch. Vor allem aber haben sie derart irrwitzige historische Parallelen:
- Ein Land, dass sich gen Westen/Osten vorbombt, nach dem es monatelang genau das zu dementieren in der Lage war.
- Unter Führung eines völkisch argumentierenden Diktators, der zuvor über Jahre hinweg seine Bevölkerung propagandistisch gleichgeschaltet, jede Opposition erstickt, seine Widersacher in Straflager deportiert hat und der es dennoch schafft, andere Diktatoren kurzfristig auf seine Seite zu ziehen (obwohl er sie eigentlich hasst).
- Der mit Rückendeckung einer Mega-Großmacht agiert, die (nicht eben insgeheim) eigene Weltmachtsphantasien hegt.
- Der unverhohlen mit Atomwaffen droht (seinerzeit waren es V1 und V2) und der offensichtlich an einer pathologisch narzisstischsten Kränkung leidet (oder schlimmer).
- Der Rest der Welt, der sich all das
- entweder nicht vorstellen kann,
- eventuell sogar Vorteile darin wittert,
- oder gelähmt scheint durch die potenziellen
Konsequenzen eigener Machtdemonstration.
Wenn es nicht so abgrundtief schrecklich wäre, ich würde jetzt sagen:
Männer! (sorry: aber ja),
fällt Euch nach 84 Jahren wirklich nichts Neues ein???
#ukraine #stopwar